. . Kontakt | Datenschutz | Plagiat-Schutz |Impressum Stoffwechsel-Erkrankungen bei Pferden
Unebenes Gelände, auch mal eine Wasserdurchquerung schult das Pferd

Training: die beste Krankengymnastik fürs Pferd

Die Frage lautet: Wie und in welchem Umfang?
Und jetzt sind wir beim größten Problem: Wie überwindet sich der Mensch, ein Pferd, das bereits lange krank ist, richtig zu fordern und zu fördern?

Wie schafft man es ein Pferd, das nicht selber "sagen" kann, bis zu welcher Grenze Bewegung angenehm ist, passend bis an seine individuelle Leistungsgrenze zu fördern? Man kann immer nur von außen beobachten und abwägen. Geht das Pferd taktklar? Wie lange brauchen die einzelnen Gewebsstrukturen zur Regeneration?

Schwellungen, angelaufene Beine, kurze Tritte, festgehaltener Rücken, Wärme etc. sind Botschaften des Körpers, das etwas nicht stimmt. Bis sich das Pferd wehrt vergeht aber noch eine Zeit.

Leider kann man in keiner Situation unterschiedliche (Trainings-) und (Behandlungs-) Wege "gleichzeitig" ausprobieren - und sich im Nachhinein nicht für die bessere Lösung entscheiden.
Verschlechtert sich nach dem Training der Zustand, bleibt ewig die Frage im Kopf: Was wäre wenn? Wäre die Situation eine andere, wenn anders trainiert / behandelt / gehandelt worden wäre?

Psychologische Blockierung im Kopf des Reiters
Womit wir als Reiter kämpfen, ist unsere Erfahrung mit dem kranken Pferd aus der Vergangenheit. Immer und immer wieder ist das Training nicht mit Leistungssteigerung belohnt, sondern mit gesundheitlichen Rückschritten bestraft worden. Natürlich gehen wir selber nicht mehr unvoreingenommen auf unser Pferd zu. Natürlich begleitet uns immer das Bauchgefühl, dass wir dem Pferd nichts mehr zumuten dürfen.

Interessant schon allein, sich per Video-Kamera aufnehmen zu lassen: allein um zu sehen, wie man sich wirklich dem Pferd gegenüber bewegt und wie man tatsächlich auf seinem Rücken sitzt.Wie häufig haben mir Reitlehrer gesagt, ich solle mich mal "normal" hinsetzen, das Pferd unter mir wäre kein rohes Ei. Mein Bauchgefühl signalisierte mir, dass ich den Rücken meines Pferdes schonen könnte, wenn ich ständig im Entlastungssitz oben "hocken" würde. Dazu "schreit" mein Bauchgefühl ständig nach Vorsicht, die Angst sitzt im Hinterkopf, dass ich mit irgendwelchen Übungen, meinem Pferd schaden könnte.

Als ich vor einigen Monaten eine andere Reiterin in absolut identischer vorsichtiger Haltung auf ihrem chronisch kranken Pferd sah, musste ich unwillkürlich lächeln. Es scheint also nicht nur mir so zu gehen!

Lassen Sie sich filmen, während Sie mit einem anderen Pferd trainieren, das nachweislich leistungsbereit ist. Sie werden erstaunt sein, mit welcher Selbstverständlichkeit und mit welch ruhigem Sitz Sie diesem Pferd Hilfen geben - Sie dieses Pferd reiten bzw. Sie sich gegenüber diesem Pferd verhalten.
Genau hier finden Sie den Unterschied. Durch die ständigen Enttäuschungen und gesundheitlichen Rückschritte mit dem chronisch kranken Pferd besteht die Gefahr, dass wir aufhören zu reiten, das wir unsere positive Ausstrahlung verlieren. Wir sind nur noch Passagier und zwar ein ängstlicher Passagier, der nur vage anfragt, ob das Pferd vielleicht bereit wäre, etwas zu tun.

Was passiert beim Pferd?
Das Pferd wird genauso unsicher. Statt positiver Erfahrungen spürt es unsere Unsicherheit. Pferde wollen uns gefallen und sie wollen es uns Recht machen, wenn sie uns denn nur "verstehen".

Strahlen wir nun eine übergroße Vorsicht aus, wird Ihr Pferd genauso vorsichtig und je nach Pferdetyp verkriecht es sich oder wird unruhig. Die Sicherheit verschwindet immer mehr, das gemeinsame Miteinander macht keine Freude mehr und es wird mehr und mehr zur eintönigen Pflichtveranstaltung.

Brechen Sie aus aus diesem Teufelskreis: Überlegen Sie sich, wie Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten Abwechslung schaffen und neue Highlights setzen. Steigern Sie langsam die Anforderungern an das Pferd. Und schaffen Sie Raum, dass Sie sich wirklich und mit großer Begeisterung über die vom Pferd angebotene Leistung freuen können.

Schmunzeln Sie nicht: ich weiss wie schwierig diese so einfach klingende Aussage ist. Aber die Psyche lenkt nicht nur unser Bewusstsein. Ein leistungsbereites Pferd braucht nicht nur einen fitten Körper, sondern auch einen psychischen Leistungswillen.

 


Aus dem eigenen Teufelskreis ausbrechen

Wichtig ist, das wir uns als Reiter unserer eigenen "Denk- und Gefühlsblockaden" bewusst werden. Dann gilt es, Wege zu finden, wie wir uns selber überlisten können. Manchmal hilft es, die Umgebung oder die Umstände des Reitens zu verändern: statt auf dem Platz auch mal auf einer Wiese im Wald trainieren (natürlich nur mit Erlaubnis des Eigentümers dort reiten).

Interessant ist es aber auch, wie schnell sich unser Gefühl umlenken lässt, wenn wir uns vor dem Training genaue Ziele abstecken und uns durch Hütchen, Stangen oder andere Abgrenzungen für uns und unsere Pferde einen Focus schaffen, der die Aufmerksamkeit umlenkt.

Stellen Sie sich Hütchen auf und nehmen Sie sich vor ziel- und punktgenau bestimmte Aufgaben zu bewältigen. Dabei ist es egal, ob Sie Bodenarbeit machen oder reiten.

Reitlehrer finden

Zwar ist bei einigen Stoffwechsel-Erkrankungen Stress ein auslösender Faktor, aber dennoch ist es einen Versuch wert, mal in eine andere Halle zu fahren, um dort Reitunterricht zu nehmen.
Auch ein Tageskurs in fremder Umgebung bringt Abwechslung in den täglichen Alltag.

Testen Sie, ob Ihnen und Ihrem Pferd bekannte Reitlehrer, die Ihre Vorgeschichte kennen oder gänzlich unbefangene Reitlehrer besser weiterhelfen können.

Besonders einfühlsame Reitlehrer, die speziell geschult wurden um u.a. auch mit Ängsten von Reitern umzugehen, sind z.B. Rekenreitlehrer: Freizeit-Reitlehrer

LinkTipp

Blog-Beitrag:
Gedanken zum Thema:
Training, Bewegen – aber wie?

Training bei PSSM Pferden,
Pferde mit verspannter Muskulatur

persönliche Trainingserfahrungen

Wie immer im Leben: Je mehr Erfolgserlebnisse wir erleben, desto mutiger und offener werden wir selber.
Gerade im Training mit chronisch kranken Pferden ist es daher besonders wichtig, dass wir uns und dem jeweiligen Pferd möglichst viele Erfolgserlebnisse schaffen.

Trauen Sie Ihrem Pferd auch mal was zu! Bringen Sie Spaß und Abwechslung in den täglichen Umgang. Natürlich steigert man anfänglich die Anforderungen nur langsam, um dann aber auch - wie mit jedem gesunden Pferd auch - gezielt auf gesetzte Ziele hinzuarbeiten.

Wie in jedem Training wird es auch Rückschritte geben. Aber wenn Sie sicher sind, dass Sie alle Randbedingungen (wie Untersuchungen und Behandlungsmöglichkeiten, Futterumstellungen, evtl. Veränderung der Haltungsbedingungen) ausgeschöpft haben, dann gehen Sie erneut mit einem geänderten Trainingsplan mit Ihrem Pferd gemeinsam wieder voran.

Schreiben Sie Tagebuch, kontrollieren Sie ggfs. die Pulsfrequenz in unterschiedlichen Situationen bei Ihrem Pferd (bei sich selber kann das auch nicht schaden, da bekanntlich unsere Pferde auch unsere Erwartungshaltung spiegeln) und schaffen Sie Spaß und Abwechslung in das tägliche Miteinander.

Ganz wichtig: freuen Sie sich WIRKLICH über kleine Fortschritte. Lenken Sie Ihren Blick auf die Fortschritte und nicht auf das was noch fehlt.


Buchempfehlung
amazon.de
 
Vom Reiten zur Reitkunst: Die klassische Reitlehre und die Biomechanik des Pferdes
Vom Reiten zur Reitkunst: Die klassische Reitlehre und die Biomechanik des Pferdes

von Robert Studulka
Verlag: Parey; Auflage: 1 (6. August 2008)