. . Kontakt | Datenschutz | Plagiat-Schutz |Impressum Stoffwechsel-Erkrankungen bei Pferden
Sonntag früh vor dem ersten Distanzritt: müde und gespannt zugleich

Erster Distanzritt: 42 km - kurze Strecke in der Wertung

Angekommen ist gewonnen: Das Motto im Distanzsport. Von Sport sind Shodan und ich aber noch Welten entfernt. Und trotzdem war dieser Tag etwas ganz Besonderes ....

Wäre alles normal gelaufen, dann wäre Shodan im Laufe des Jahres 2001 Fünfjährig den ersten Einführungsritt, in Begleitung seiner Mutter (Tersker) oder seines Vaters (AV), gelaufen. So war es geplant.

Statt 2001 schreiben wir mittlerweile das Jahr 2009: Und tatsächlich stand nun der erste kurze Distanzritt auf dem Plan. In den Jahren zuvor hatte ich mich eigentlich schon darüber gefreut, dass Shodan überhaupt schmerzfrei als Gnadenbrotpferd leben könne oder dass es möglich war, 5 Minuten auf seinem Rücken zu sitzen. Als es später mal 10, 20 oder sogar 30 Minuten wurden, kam so ganz langsam die Idee auf, dass Shodan doch noch reitbar werden würde.
Tja - und irgendwie habe ich mir und der ganzen Welt ;-) im Juli 2009 bewiesen: es ist tatsächlich machbar!

In 2009 wollte ich unseren ersten Einführungsritt reiten ...

... aber bis in den Juni hinein drückte ich mich vor einer Nennung.
Anfang Mai bei einem Lehrgang lief Shodan noch nicht richtig rund. Zwar hatten wir im Vergleich zum Vorjahr wieder ein paar Fortschritte gemacht, aber ich war absolut unzufrieden. Dann schien der Sattel noch immer nicht 100% zu passen, die Hufstellung könnte auch besser sein und überhaupt gibt es noch viel zu trainieren ... So arbeitete ich an der "Feineinstellung" und konnte mich nicht durchringen wirklich zu nennen. Über allem lag doch ein wenig die bange Frage, ob Shodan den ungewohnten Stress in fremder Umgebung gut verkraftet. Zu häufig war in den vergangenen Jahren Stress ein Auslöser für Symptome.

Für den Juli-Ritt hat mich dann eine Stallkollegin überredet, gemeinsam mit ihr zu reiten. Die Vorstellung zu Zweit zu starten überzeugte mich, Shodan hatte einen neuen "alten" Sattel mit dem er gut lief, er war fit, also kam kurzentschlossen die Nennung.

Die Nennungen waren gerade auf dem Postweg, da begann das Pferd der Stallkollegin zu lahmen. 7 Tage vor dem Ritt sprang mir eine Warmblutstute, die wir mal eben verladen wollten, ins linke Bein, so dass mein Bein von der Kniekehle abwärts die nettesten schwarzen, gelben und blauen Farben entwickelte und deutlich an Umfang zulegte. Dann wechselte noch das Wetter zu kühl und feucht mit heftigen Unwetterwarnungen.

Sollte ich trotz dieser Hindernisse starten? Als eine Freundin aus NRW ihre Hilfe beim Trossen ankündigte und eine total nette Reiterin, die ich in Lehrgängen kennengelernt hatte, sich anbot mit ihrer Nachwuchsstute den Ritt gemeinsam mit uns zu bewältigen, war ich überredet und warf meine Bedenken über Bord.
Die Suche nach passenden Schuhen, in die ich meinen verletzten linken Fuss hineinquetschen konnte, war zwar noch etwas schwierig - aber schlussendlich lösbar.

Kennen Sie Kinesiotaping? Kann ich nur empfehlen! Meine Physiotherapeutin und Trosserin tapte am Samstag abend mein Bein. Am Folgetag überstand mein Bein absolut schmerzfrei die 42 km im Sattel. Weder im leichten Sitz noch beim Laufen hatte ich auch nur die kleinsten Probleme. Im Gegenteil: Sonntag abend war ein Großteil der Hämatome bereits aufgelöst. Fantastisch!

Aber der Reihe nach....

Der erste offizielle Termin: 19. Juli 2009
Von den 12 bis 15 Lehrgängen, die ich in den letzten Jahren mit Shodan besucht hatte, wusste ich, dass sich Shodan am ersten Tag in fremder Umgebung recht heftig aufregen kann. So stellte ich mir die Frage: Was macht er eigentlich in einem kleinen Paddock auf einer Wiese inmitten von Zelten und fremden Pferden?

Ruhig und gemütlich Gras und Heu mümmeln! Genauso als ob er dort und zwar genau dort hingehören würde. So ausgeglichen und ruhig wie er nach dem Ausladen dort stand, wollte ich ihm keine Zeit lassen, es sich noch anders zu überlegen. So schnappte ich ihn mir direkt um zur Voruntersuchung zu gehen.

Es hatte eine gewisse Situationskomik: Auf ziemlich viele Hinweise von Seiten der Tierärzte war ich gefasst. Geringe Darmgeräusche gehörten aber nicht auf diese Liste. Nach 3 Stunden Hängerfahrt und nur wenigen Bissen Gras, war es mein Verschulden, dass ich direkt zur Voruntersuchung gegangen bin. Woher sollte er normale Darmgeräusche haben? Ich hatte nur seine Psyche im Blick und Angst, dass er sich bei eventueller Aufregung verspannen könnte. Da er aber insgesamt munter war und auch sofort wie üblich "staubsaugerartig" Heu gefressen hat, waren die Darmgeräusche schnell wieder ok und auch am nächsten Tag beim Ritt ohne Auffälligkeiten.

Shodan bekam die Startnummer 112 auf seinen Po gemalt. Endlich! Ich wollte mindestens einmal eine solche Startnummer in seinem Fell sehen. Eigentlich war für mich zu diesem Zeitpunkt bereits "unser" ganz persönlicher Sieg errungen. Wir durften starten!

Shodan war cool und verbrachte die Nacht - trotz Regen - in aller Ruhe neben dem Auto auf seinem Paddock.

Als eines der letzten Paare starteten Katrin und ich am Sonntag auf die Strecke: Ihre junge Stute vorbildlich in aller Ruhe im Schritt - meiner etwas hampelig im Zuckeltrab. Aber nach 10 Minuten hatte er sich beruhigt. Gleichmäßig im langsamen Trab zogen die Pferde in aller Ruhe auf den super genial markierten Wegen entlang.

Die erste Pulskontrolle sollte nach 15 km sein. Auf unseren GPS-Uhren waren ca. 12.5 km vorbei, so dass wir uns abstimmten, dass wir den Berg noch im Trab hochreiten würden, um dann zu Fuss in Ruhe in die Pulskontrolle zu laufen. Den Berg nahmen unsere Pferde mit Begeisterung und viel Schwung. Oben ging es um eine Kurve .... UND wir standen in der Pulskontrolle *ups

Meinen Puls hätte man nicht nehmen dürfen. Unterschiedliche Ratschläge kamen von unterschiedlichen Seiten und meine Ruhe war dahin. Wie sollten wir den Puls von Shodan runterbekommen?

Im Nachinein muss ich über diese Hektik doch sehr schmunzeln. Nur die Ruhe - wir wollten eh nur ankommen und nicht gewinnen. Statt in aller Ruhe ein wenig zu führen und dann in aller Ruhe den Puls messen zu lassen, immerhin sind 20 Minuten eine sehr lange Zeitspanne! - war mit mir nichts anzufangen. Mein Pferdchen hat es dann trotz der Hektik und meiner Panik alles toll gemacht: Nach 8 Minuten war sein Puls bei 64.

Als wir weitergeritten sind, habe ich mir geschworen, dass mir so etwas nicht noch einmal passiert. Ruhe bewahren und nicht noch einmal kopflos werden ... Die nächsten Pulswerte waren dann mit 56 und 48 auch ok - für Shodan - super.

Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht. Zu Zweit trabten wir quatschender Weise durch den Odenwald. Schnell war bei 20 km der VetGate erreicht. Keine Probleme bei der Untersuchung. Als ich dann aber wieder sattelte war Shodan scheinbar irritiert. Er ging etwas zaghaft wieder auf die Strecke. Jetzt kam die 1. der zweimal zu reitenden 11 km Schleife. Shodan fand schnell wieder in den Rhythmus und auch diesmal schnurrten unsere beiden Pferdchen nebeneinander - oder an Engstellen hintereinander - gleichmäßig im Trab durch die Landschaft.
Noch eine Pulskontrolle, nochmals tränken und dann die letzten 11 km.
Jetzt wussten wir an welchen Stellen wir Platz hatten um unsere Pferde frisch vorantraben zu lassen. Gegen die Traberstute hatte Shodan natürlich keine Chance, aber er machte sich trotzdem schön lang und schwang seine Beine schön nett im Trab. Die Pferde verstanden sich so prächtig, dass sie Schulter an Schulter ohne Giftereien gemeinsam die Distanz bewältigten.

Tolle 4 Stunden und 4 Minuten.
11 Minuten nach Zieleinlauf hatte Shodan einen Puls von 48 und die Bewertungen in der Untersuchungen lauteten "A" und "1". 2 Stunden später bei der Nachuntersuchung ein Puls von 44 und wieder "A" Befunde ;-)

Bei den nächsten Ritten und bei etwas mehr Routine werden die Pulswerte noch fallen. Es war für Shodan ungewohnt und aufregend in einer Gruppe von fremden Pferden zu stehen und von fremden Tierärzten untersucht zu werden. (Wo er noch vor einigen Jahren Tierärzte gar nicht mehr an sich rangelassen hatte.)

Naja - und eine wirkliche Hilfe war ich bei diesem Ritt für Shodan bestimmt nicht. Also Shodan hat trotz Reiterin die Strecke geschafft! *schmunzel

Nach dem Ritt
Es macht einen großen Unterschied, ob man für sich allein weiss, das sein Pferdchen laufen kann, oder ob man es quasi öffentlich mit anderen Pferden vergleichen lässt. Dieser letzte Platz - Platz 13 in der Wertung! - mit einem auch nach dem Ritt fitten Pferd - bedeutet mir unheimlich viel.

Aber was mich noch mehr fasziniert. Ich habe seitdem ein genial leistungsbereites Pferd. In den Wochen nach dem Ritt hat Shodan unglaublich viele Fortschritte gemacht. Die Rittigkeit - auch im Dressurviereck - hat zugenommen, die Laufffreude draußen im Gelände ist verbessert. Das Pseudo-Erschrecken und die Hüpfer zur Seite sind fast gänzlich weg. Als wenn er mir sagen wollte: Na endlich, forderst Du auch mal was von mir und ich darf mal ein wenig laufen!

 


Aus dem eigenen Teufelskreis ausbrechen

Kleine Ziele zu erreichen und zu sehen, dass es dem Pferd dabei gut geht und auch nach einer Anstrengung kein Rückfall erfolgt, sind für uns Reiter von chronisch kranken Pferden so wichtig. Nicht nur dem Pferd gilt es Erfolserlebnisse zu verschaffen. Wir müssen auch schauen, das wir uns erreichbare Ziele stecken und sie dann auch tatsächlich angehen!

Das passende Umfeld, die passende Hilfestellung

Bei Shodan sind es häufig Kleinigkeiten: Eine minimale Änderung am Sattel, die minimale Umstellung beim Beschlag, eine veränderte Sitzposition im Sattel meinerseits etc.

Super glücklich bin ich, dass ich hier einen Schmied und auch einen Sattler gefunden habe, die auch mal über den Tellerrand hinausschauen und auch mal etwas probieren. Gemeinsam basteln wir uns alle an das Optimum für Shodan heran.

Ganz wichtig ist die Haltung, das Umfeld in der sich Shodan wohl fühlen kann. Auch hier bin ich mehr als glücklich, dass ich einen Pensionsstall gefunden habe, bei dem auf die Bedürfnisse einzelner Pferde eingegangen wird. Ein Stall mit genial gutem Heu und einer tollen Betreuung.

Es passt einfach alles perfekt zusammen - hier unten im Breisgau!

persönliche Einstellung

Wie immer im Leben: Je mehr Erfolgserlebnisse wir erleben, desto mutiger und offener werden wir selber.
Gerade im Training mit chronisch kranken Pferden ist es daher besonders wichtig, dass wir uns und dem jeweiligen Pferd möglichst viele Erfolgserlebnisse schaffen.

Für Außenstehende wahrscheinlich nur schwer nachvollziehbar. Dieser Ritt hat mein Bauchgefühl gegenüber Shodan in den Wochen nach dem Ritt tatsächlich verändert. Lange Jahre war in meinem Kopf und in meinem Gefühl zuerst der Gedanke an Krankheit, wenn ich über Shodan nachgedacht habe. Heute kommt zuerst die Assoziation an seine Lebensfreude und an seine Leistungsbereitschaft, die er trotz seiner Stoffwechselgeschichte zeigt.

Ob die Änderung in meiner Einstellungs die Fortschritte in der Rittigkeit von Shodan erklärt oder ob auch für ihn diese neue Erfahrung für seine innere Einstellung den nötigen Anschub gebracht hat, werde ich wohl nicht wirklich eindeutig auseinander puzzeln können. Aber das zählt auch nicht: gemeinsam sind wir ein Team ;-)


Buch- und Lese- Empfehlungen


Buchempfehlung
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Distanzsport: Marathon unter dem Sattel
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von Nancy Loving
Verlag: Olms (2004)



Positiv denken - Erfolgreich reiten

von Jane Savoie
Verlag: Kosmos; 2. Auflage. (11. Juni 2009)


Vom Reiten zur Reitkunst: Die klassische Reitlehre und die Biomechanik des Pferdes
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von Robert Studulka
Verlag: Parey; Auflage: 1 (6. August 2008)


Ride with your Mind: Perfekt reiten mit der WANLESS-METHODE, Mary Wanless
Ride with your Mind

von Mary Wanless
Verlag: Müller Rüschlikon; 1. Auflage (20.10.2008)