Immer langsam mit den Pferden

Hektik funktioniert nicht!

Im Bezug zu Pferden sind wir häufig viel zu ungeduldig: ständig wollen wir "vorzeigbare" Ergebnisse sehen und in Foren finden sich immer wieder Anfragen, mit welchen Tricks man eben mal schnell das ein oder andere Problem lösen könne.

Ungeduld - mal eben schnell - ist nicht zielführend! Erfolge fallen nicht vom Himmel und werden bei Lebewesen nicht mit dem Kaufpreis mitgekauft ;-)

Wait for your Horse

Wer sich z.B. die Zeit nimmt und die nebenstehende DVD Empfehlung anschaut,  der vergisst diesen Satz nicht mehr: Wait for your horse!

Unsere Pferde zeigen uns, vorausgesetzt wir sehen und hören hin, wann sie bereit sind für weitere Anforderungen.

Genauso zeigen uns die Pferde, wann wir unseren Pferden Zeit geben müssen, um sie vor Überforderung und damit vor Krankheit zu schützen!

Genauer hingeschaut: Wie lange braucht ...

• Wie lange dauert die Eingewöhnungsphase für ein Pferd nach einem Umzug in einen neuen Stall bzw. in eine neue Umgebung?

  Von erfahrenen Pferdemenschen / älteren Züchtern, kommt spontan die Antwort: "die Pferde müssen alle Jahreszeiten einmal durch machen, dann sind sie angekommen"
  Egal, ob es der Umzug in einen neuen Stall oder der Umzug in eine andere Haltungsform ist, häufig erkennt der Pferdebesitzer rückblickend nach einem Jahr, dass sich sein Pferd verändert (hat).

• Wann können Auswirkungen einer veränderten Fütterung tatsächlich beurteilt werden?

  Gerade bei Pferden mit Stoffwechselsymptomen stellen wir immer fest, dass nach 3 bis 4 Monaten seit Beginn der Fütterung Symptome sichtbar werden: häufig sind Hautsymptome, manchmal rebelliert nochmals der Darm. Passt die Fütterungsumstellung für das Pferd wird nach 3 bis 4 Monaten deutlich, dass sich das Allgemeinbefinden des Pferdes verbessert! Aber die Beurteilung, ob es dem Pferd wirklich besser geht, wird  regelmäßig häufig erst nach 1 Jahr wirklich deutlich.

• Wie lange dauert Trauer an?

  Beim Menschen weiß man aus Erfahrung: Trauerbewältung braucht ca. 1 Jahr (um aus dem tiefsten "Loch" wieder ins Leben zu finden).
  Wenn Pferde viele Jahre gemeinsam verbracht haben und sich echte Freundschaften entwickelt haben, dann trauern selbstverständlich auch Pferde über den Tod des Freundes. Auch hier kann eine Art "1 Jahres Regel" beobachtet werden.
  
  Persönliche Erfahrungen...
  Bei Shodan habe ich rückblickend 1 1/2 Jahre als Trauerphase deutlich erkennen können: nach dem Tod von Don mußte Shodan sein Leben erst einmal wieder finden.
  (Shodan kannte eigentlich kein Leben ohne Don: 16 Jahre seines Lebens hatte Shodan mit Don gemeinsam verbracht; Don war Spielkamarad und "Vater": Shodan hat Don bis zum Schluss in all den 16 Jahren noch mit Gesten wie "Fohlenkauen" begrüßt)

• Wann stellt sich die "Verdauung" bei einem Pferd auf neue Futtergegebenheiten um?

  Hier sind wir bei einem ganz spannenden Thema angekommen. Eigentlich hat sich das Pferd schon immer mit wechselndes Futter einstellen müssen. Jahreszeitliche Unterschiede und durch den Wechsel auf großem Areal findet das Pferd von Natur aus täglich immer ein etwas anderes Futterangebot.
  Es kommt aber in der Natur niemals zu einem ganz rapiden kompletten Futterwechsel. Es sind täglich schleichende Veränderungen.
  Ein großes Überangebot an (energiereichem) Futter wie wir es heute haben, stellt - meiner persönlichen Überzeugung nach - eine Besonderheit dar.
  Zwar wissen wir heute, dass sich z.B. Magengeschwüre innerhalb von Minuten/Stunden beim Pferd bilden können, bis sich aber die Darmflora wirklich stabil auf eine Futterumstellung umstellt, scheint es 12 bis 18 Monaten zu dauern.

• Hufwachstum
  

  Als Faustregel gilt: Der Huf eines Pferde benötigt 1 Jahr um vom Kronsaum bis zur Hufspitze zu wachsen. Da das Hufwachstum von vielen individuellen Umständen (wie Alter, Fütterungszustand, Hufbalance, Bewegung, Beschlag oder barhuf ...etc.) abhängt, ist das wirklich nur eine Faustregel ;-)
  Es finden sich Erfahrungswerte von im Mittel ca 1 cm Hufwachstum / Hornbildungsrate im Monat => und damit ca 12 cm im Jahr (Mittelwert!)

• In welchem Zeitraum "kräftigen" sich Strukturen im Bewegungsapparat aufgrund von Training?

  Auch dieses Thema gehört in diesen Zusammenhang.
  (siehe dazu auch das Thema: Trainingsreiz - Was bedeutet Training? Wie wird mein Pferd fit? )
  Die Knochendichte nimmt durch Training zu, dafür braucht es jedoch eine Dauer von 2 bis 3 Jahren, bei regelmäßigen, abwechslungsreichem und langsam aufbauendem Training.
  Ähnlich lange brauchen die wenig durchbluteten Strukturen von Sehnen und Bändern: 1 bis 2 Jahre
  Muskulatur ist die am schnellsten zu trainierende Struktur im Bewegungsapparat unserer Pferde. für den "erstmaligen" Aufbau hat sich erfahrungsgemäß ein Zeitraum von 9 Monaten (Muskel-)Aufbau-Training herausgestellt. Um einen einmal erreichten Stand wieder zu erlangen, scheint es schneller zu gehen: bereits nach 6 Wochen zeigen sich beim Pferd deutliche Erfolge. Aber ein guter Muskelaufbau kann äußerlich täuschen. Für den Bewegungsablauf braucht es nicht nur Muskulatur. Es gilt sich immer an der "schwächsten"/langsamsten Struktur zu orientieren.

Überforderung - psychisch als auch physisch - bringt langfristig keinen Erfolg!

Nur die langfristige ruhige Förderung und Ausbildung unserer Pferde, in der unsere Pferde artgerecht gehalten, gefüttert, gepflegt und eben auch trainiert werden, schafft einen gesunden Partner Pferd!

Lassen wir unseren Pferden eine 3-jährige Basis Ausbildung - und eben keine 3-monatige Schnell Ausbildung. Das was in alten Pferde-Lehrbüchern steht, scheint heute teilweise vergessen zu sein.

Vielerorts werden die Stimmen, die diese Erfahrungen wieder in Erinnerung rufen glücklicherweise wieder gehört ...

In diesem Sinne: Wait for your horse!
Und wir geniessen bis dahin die Zeit und schauen genauer hin, was uns unser Pferd täglich alles schenkt!